Vorworte und EditorialsHartmut Gobel2019-06-17T17:36:36+00:00
Vorwort der Präsidentin und Präsidenten der drei deutschsprachigen Kopfschmerzgesellschaften zur 3. Auflage
Im Januar 2018 wurde die endgültige 3. Auflage der Internationalen Kopfschmerzklassifikation (ICHD-3) publiziert. Für die DMKG war es eine Selbstverständlichkeit nun rasch für eine offizielle Übersetzung ins Deutsche zu sorgen. Herr Prof. Dr. Dr. Stefan Evers hat alle nötigen Rechte für die offizielle Übersetzung bei der IHS beantragt und er hat nach Genehmigung durch die IHS im Weiteren auch die Koordination der Übersetzungsarbeiten und deren Publikation übernommen. Herrn Prof. Dr. Dr. Stefan Evers gebührt hierfür höchster Dank. Mit dem Präsidium der DMKG wurde entschieden, die Hauptarbeit der Übersetzung in die Hände einer anerkannten Übersetzerin zu legen. Frau Silvia Autenrieth wurde damit beauftragt, den englischen Originaltext ins Deutsche zu bringen und dabei die deutsche Nomenklatur der 2. Auflage zu berücksichtigen. Für die Orthographie der medizinischen Fachausdrücke erfolgte die Festlegung auf die Schreibweise nach Pschyrembel. Danach wurde diese erste Version von Mitgliedern aus dem DMKG Präsidium auf inhaltliche Besonderheiten gegen gelesen und fachlich abgestimmt. Namentlich erwähnt seien hier PD Dr. Charly Gaul, PD Dr. Jan Hoffmann, Prof. Dr. Martin Marziniak, PD Dr. Ruth Ruscheweyh und PD Dr. Stefanie Förderreuther. Übergeordnetes Ziel war basierend auf der deutschen Übersetzung der 2. Auflage nun wiederum einen in sich schlüssigen Text mit einheitlichem Duktus zu schaffen. Die diagnostischen Begriffe der 2. Auflage wurden so weit wie möglich übernommen, um eine sprachliche Kontinuität zu gewährleisten. Es wurde aber auch entschieden, neben der deutschen Nomenklatur zugleich die inzwischen vielerorts etablierten Anglizismen zu nennen und international wie national etablierte Abkürzungen, die auf die englische Nomenklatur zurückgehen, ohne Anpassung an die Deutsche Nomenklatur zu belassen.
Wie schon in der 2. Auflage zeichnen die drei deutschsprachigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam für die Inhalte der Übersetzung verantwortlich. Inhaltliche Fragen, die im Zusammenhang mit der deutschen Übersetzung stehen, sind daher an eine der 3 nationalen Fachgesellschaften zu richten. Das Copyright für die deutsche Übersetzung liegt bei der DMKG, die auch die Kosten für die Übersetzung übernommen hat. Dem Thieme Verlag danken wir dafür, dass er für die deutsche Übersetzung ein Sonderheft der Nervenheilkunde herausgeben hat und den Text in ein ansprechendes Layout gebracht hat.
Wir hoffen, dass die offizielle Übersetzung der ICHD-3 weite Verbreitung findet und Ihnen die klinische und wissenschaftliche Arbeit erleichtert. Dies umso mehr, als die im Vergleich zur 2. Auflage deutlich umfassendere und zum Teil detailliertere Klassifikation nichts von ihrer praktischen Anwendbarkeit verloren hat. So bleibt uns nur zu wünschen, dass die 3. Auflage der Klassifikation so wie ihre Vorversionen weiter entwickelt wird, zu einer noch besseren Versorgung der Patienten beiträgt und vor allem auch neue Impulse für wissenschaftliche Kopf- und Gesichtsschmerzprojekte liefert.
Stefanie Förderreuther
Präsidentin der Deutschen Migräne und Kopfschmerzgesellschaft
Gregor Brössner
Präsident der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft
Andreas Gantenbein
Präsident der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft
Editorial zur 3. Auflage
Zum dritten Mal wird nun seit 1988 die komplette Kopfschmerzklassifikation der International Hedache Society vorgelegt. Es hat sich diese Mal um einen sehr langwierigen Prozess gehandelt, der schon vor 2013 begann und mit einer ersten beta-Version (publiziert in 2013) seine erste Stufe erreichte. In den Jahren danach wurden erstmals sogenannte Feldstudien durchgeführt, die in einige Revisionen der Kriterien auf Grundlage dieser wissenschaftlichen Ergebnisse mündeten. Dies führte zur Publikationen der endgültigen 3. Auflage der Kopfschmerzklassifikation im Januar 2018. Bereits davor, aber insbesondere danach folgte eine sehr detaillierter, professionell unterstützter Übersetzungsprozess, der sich eng an den Originaltext hielt, aber auch einige Besonderheiten der deutschen Sprache mit berücksichtigte. Ich bin sehr stolz darauf, dass ich diesen Prozess organisieren durfte, sodass nun ein für den medizinischen und wissenschaftlichen Gebrauch hilfreicher Text vorliegt.
Stefan Evers
Generalsekretär der International Headache Society
Vorwort zur 1. Auflage (1988)
Das vorliegende Dokument ist das Ergebnis sehr intensiver Bemühungen. Die Arbeit benötigte fast drei Jahre. An ihr waren nicht nur die Mitglieder des Klassifikationskomitees selbst beteiligt, sondern auch die vielen Mitglieder der zwölf Subkomitees. Die Beratungen erfolgten öffentlich, so dass alle Entwürfe für jeden zugänglich waren, der dies wünschte. Im März 1987 hatten wir ein zweitägiges Treffen über die Kopfschmerzklassifikation durchgeführt, das für jeden interessierten Kollegen offenstand. Am Ende des 3. Internationalen Kopfschmerzkongresses in Florenz im September 1987 wurde der Entwurf der Klassifikation öffentlich vorgestellt und diskutiert. Eine weitere öffentliche Tagung fand am 20. und 21. Februar 1988 in San Diego statt.
Trotz aller Anstrengungen sind Fehler wohl nicht zu vermeiden. Sie werden bei Benutzung der Klassifikation auftauchen und müssen in folgenden Auflagen korrigiert werden. Auch sollte darauf aufmerksam gemacht werden, dass viele Teile der Arbeit wegen des Fehlens hinlänglicher veröffentlichter Befunde auf der Erfahrung der im Komitee arbeitenden Experten basieren. Es kann jedoch die Erwartung geäußert werden, dass das Vorhandensein praktikabler diagnostischer Kriterien, wie sie in dieser Arbeit nun vorgelegt werden, eine zunehmende nosologische und epidemiologische Forschungsaktivität anregen wird.
Wir bitten alle Wissenschaftler, die sich mit Kopfschmerz beschäftigen, sich aktiv an der Testung und Weiterentwicklung der Klassifikation zu beteiligen. Senden Sie bitte Ihre Meinungen, Argumente und Sonderdrucke an den Vorsitzenden des Klassifikationskomitees. Eine zweite Auflage der Klassifikation ist für das Jahr 1993 geplant. Wir hoffen, dass die revidierte Auflage dann auf neuen Befunden aufbauen kann.
Die International Headache Society sieht die Klassifikation und die Erstellung von diagnostischen Kriterien als eine sehr wichtige Aufgabe an. Auch wenn das Dokument noch weiterer Erprobung und Veränderung bedarf, empfehlen wir die umgehende Anwendung bei wissenschaftlichen Vorhaben. Dies gilt nicht nur für Medikamentenversuche, sondern auch biochemische und physiologische Studien.
James W. Lance
Präsident der
Internationalen Kopfschmerzgesellschaft
Jes Olesen
Vorsitzender des
Kopfschmerzklassifikationskomitees
Vorwort zur 2. Auflage
Klassifikationen von Erkrankungen und ihre diagnostischen Kriterien werden von der ärztlichen Gemeinde oftmals mit Skepsis aufgenommen und häufig kaum genutzt. Es war daher eine freudige Überraschung zu sehen, wie wohlwollend die erste Auflage der Internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen aufgenommen wurde. Sie wurde praktisch sofort weltweit für Forschungszwecke akzeptiert. So wurde die große Welle der Triptanstudien mit Patienten durchgeführt, die nach den Kriterien der Internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen diagnostiziert worden waren. Langsam, aber sicher haben die Prinzipien der Klassifikation auch die klinische Praxis verändert. Viel unnötige Fragen zur Einordnung von primären Kopfschmerzen werden in der Anamnese nicht mehr gestellt, wohingegen neue Kriterien wie eine Verstärkung durch körperliche Aktivität allmählich in den klinischen Alltag Einzug finden. Die Klassifikation wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt und steht damit der Mehrzahl der Mediziner auf der ganzen Welt zur Verfügung.
Als die erste Auflage der Internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen veröffentlicht wurde, erwartete man, dass eine zweite Auflage innerhalb von 5 Jahren folgen würde, da große Teile eher auf der Meinung der Experten als auf veröffentlichten Daten beruhten. Dennoch dauerte es 15 Jahre bis zur Präsentation der zweiten Auflage. Dafür gibt es mehrere gute Gründe: Es gab relativ wenig Kritik, die eine Revision erforderlich gemacht hätte. Nosographische Untersuchungen, die eine bessere Beschreibung der klinischen Merkmale verschiedener Kopfschmerzerkrankungen erlaubt hätten, erschienen nur langsam und waren nicht ausreichend, um eine vollständig evidenzbasierte Klassifikation zu ermöglichen. Die Verbreitung der englischen Fassung der ersten Auflage und ihre Übersetzung in mehr als 20 verschiedene Sprachen dauerte länger als erwartet. Langsam mehrten sich jedoch Vorschläge für eine Revision und nosographisches Wissen wuchs in dem Maße, dass es sinnvoll erschien, die Arbeiten für eine zweite Auflage zu beginnen.
Wie bei der ersten Auflage, hatte ich auch diesmal das Privileg des Vorsitzenden, die Mitglieder des Komitees zu benennen. Obwohl das erste Komitee seine Arbeit hervorragend gemacht hatte, war ich der Meinung, dass ein größerer Austausch der Mitglieder des Klassifikationskomitees stattfinden sollte, um sicherzustellen, dass die nächste Generation von Kopfschmerzforschern ausreichend repräsentiert wäre. Daher waren Guiseppe Nappi, James W. Lance und ich selbst die einzigen im ersten und zweiten Komitee vertretenen Mitglieder. Wir waren damit für die Kontinuität verantwortlich. Bei der Benennung der neuen Mitglieder habe ich in erster Linie die persönliche Qualifikation berücksichtigt. Geographische Repräsentation und der Wunsch, Personen einzuschließen, die konstruktive Kritik an der ersten Auflage geübt hatten, wurden ebenso berücksichtigt. Ich glaube sagen zu können, dass sich die Rekrutierung nach diesen Prinzipien als erfolgreich erwiesen hat. Jedes Mitglied hat lebhaftes Interesse gezeigt, war freimütig und hat gut argumentiert. Vor dem Hintergrund der vom Komitee der ersten Auflage geleisteten gewaltigen Arbeit wurde vom Komitee der zweiten Auflage über jeden Aspekt der Kopfschmerzklassifikation offen debattiert. Aufgrund der sorgfältigen Arbeit und der vielen fruchtbaren Diskussionen brauchte die zweite Auflage deutlich länger als erwartet. Jeder einzelne Satz von Kriterien, jede Nummer und jedes Wort wurden sorgfältig abgewogen, enorme Bemühungen und Gedanken wurden in die vorliegende Veröffentlichung eingebracht. Alle Meinungen jedes einzelnen Mitgliedes konnten nicht berücksichtigt werden, aber jedes Mitglied hatte einen beträchtlichen Einfluss auf die Klassifikation.
Für jeden Bereich der Medizin ist es wichtig, eine allgemein akzeptierte Klassifikation zu haben, die weltweit genutzt wird. Dies ist insbesondere wichtig für Kopfschmerzen als junges und sich noch entwickelndes Forschungsgebiet, gibt es doch noch viele Vorurteile gegenüber Kopfschmerzerkrankungen. Deshalb ist es extrem wichtig, dass die Kopfschmerzgemeinde im allgemeinen und die Kopfschmerzforscher im speziellen den Einsatz von Die Internationale Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen, 2. Auflage unterstützen. Keine Zeitschrift sollte eine Arbeit über Kopfschmerzen veröffentlichen, die nicht diese Klassifikation und die damit verbundenen Kriterien nutzt oder untersucht. Auf der anderen Seite ist es nicht unsere Absicht, die Kopfschmerzforschung einzuengen. Wir richten daher die große Bitte an die Kopfschmerzforscher dieser Welt, diese zweite Auflage wissenschaftlich zu überprüfen. Um solche Untersuchungen anzuregen, haben wir einen Anhang aufgenommen, in dem eine Zahl stiefmütterlich behandelter Erkrankungen beschrieben sind, die einer Validierung benötigen. Wir haben auch einige alternative Kriterien aufgeführt, die im Vergleich zu den offiziellen getestet werden können.
Ich hoffe aufrichtig, dass diese zweite Auflage der Klassifikation von der Kopfschmerzgemeinde in der ganzen Welt positiv angenommen wird und dass sie in noch mehr Sprachen als die erste Version übersetzt wird. Ich hoffe auch, dass sie Grundlage für die Lehre der Kopfschmerzklassifikation und Kopfschmerzdiagnostik weltweit wird und dass damit auch die Kopfschmerzbehandlung profitiert. Die International Headache Society hat das Ziel, die Diagnostik, die Behandlung und die Versorgung von Kopfschmerzpatienten weltweit zu verbessern. Sie arbeitet aber auch daran, Kopfschmerzpatienten zu entstigmatisieren und die Anerkennung dieser Erkrankung als neurobiologische Störung zu bewirken – eine Erkrankung, die den Patienten, ihren Verwandten und der Gesellschaft eine große Last auferlegt. Für den Erfolg dieser Bemühungen ist es unerlässlich, dass Forscher und Kliniker ein einziges diagnostisches System nutzen und dass dieses System so präzise wie möglich ist. Auf diesem Weg hat die erste Auflage der Internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen ein beträchtliches Stück zurückgelegt. Diese zweite Auflage wird hoffentlich die Einheit noch weiter fördern, mit der wir Kopfschmerzen weltweit klassifizieren, diagnostizieren und behandeln.
Jes Olesen
Vorsitzender des Kopfschmerzklassifikationskomitees der
Internationalen Kopfschmerzgesellschaft
Vorwort der Präsidenten der drei deutschsprachigen Kopfschmerzgesellschaften zur 2. Auflage
Mit der deutschen Übersetzung der 2. Auflage der Internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen wird einer guten Tradition gefolgt, nachdem bereits die erste Auflage der Klassifikation in einem Sonderheft der Nervenheilkunde 1989 publiziert worden war.
Neu ist jedoch, dass nunmehr die drei deutschsprachigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam für diese Übersetzung verantwortlich zeichnen. Als nationale Mitgliedsgesellschaften der International Headache Society haben die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, die Österreichische Kopfschmerzgesellschaft und die Schweizerische Kopfwehgesellschaft das Copyright für diese Übersetzung übernommen. Alle Anfragen in Zusammenhang mit der deutschen Übersetzung sind jeweils an eine dieser drei zuständigen nationalen Fachgesellschaften zu richten.
Die Hauptübersetzungsarbeit wurde von Herrn Prof. Dr. H. Göbel zusammen mit seiner Mitarbeiterin Frau Dr. K. Heinze-Kuhn und seinem Mitarbeiter Herrn Dr. A. Heinze geleistet. Die Organisation des Übersetzungs- und Publikationsablaufs wurde von Herrn PD Dr. Dr. S. Evers koordiniert. Ihnen gebührt insbesondere der Dank der drei Fachgesellschaften.
Ziel war es, einen einheitlichen deutschen Text zu entwickeln, der es den in der Kopfschmerzbehandlung und Kopfschmerzforschung Tätigen ermöglicht, anhand operationalisierter Kriterien exakte Diagnosen zu stellen. Dabei konnten regionale oder umgangssprachliche Besonderheiten in der Bezeichnung verschiedener Kopfschmerzformen keine Berücksichtigung finden; in der Orthographie wurde der jüngsten Rechtschreibreform nach dem Duden gefolgt. Ziel war es auch, die diagnostischen Begriffe der ersten Auflage so weit wie möglich zu übernehmen, d.h. keine unnötigen Änderungen einzuführen. Änderungen der originalen englischen Begriffe wurden jedoch nachvollzogen.
Wir wünschen uns eine weite Verbreitung dieser deutschen Übersetzung zum Nutzen der Patientinnen und Patienten, die an den vielen verschiedenen Kopfschmerzarten leiden, und zur Weiterentwicklung der Kopfschmerzforschung, die letztlich ja wiederum diesen Patientinnen und Patienten nutzen soll.
Dem Schattauer Verlag sei für seine unkomplizierte Kooperation und Hilfsbereitschaft bei der Erstellung dieses Sonderhefts der Nervenheilkunde gedankt.
Prof. Dr. G. Haag
Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
Univ.-Prof. Dr. Peter Wessely
Präsident der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft
Dr. C. Meyer
Präsident der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft
Die deutschsprachige Übersetzung der 2. Auflage der Kopfschmerzklassifikation der International Headache Society
Die International Headache Society (IHS) hat auf ihrem Kongress im September 2003 in Rom die neue Klassifikation der Kopfschmerzerkrankungen vorgestellt. Sie folgt der ersten Fassung aus dem Jahr 1988 (Cephalalgia 1988; 8 Suppl. 7: 1-92), die 1989 in ihrer deutschen Version erschienen ist (Nervenheilkunde 1989; 8: 161-203) und 1999 erstmalig in adaptierter Form offiziell von der Weltgesundheitsorganisation in deutscher Sprache publiziert worden ist (ICD-10-Richtlinien für die Klassifikation und Diagnostik on Kopfschmerzen. Berlin: Springer-Verlag 1999). Die Klassifikation ist auch unter Beteiligung von Kollegen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz entstanden, diese sind namentlich in der Einleitung zum Hauptteil aufgeführt.
Zeitnah wird nun auch von der zweiten Fassung eine deutschsprachige Übersetzung veröffentlicht, die sich direkt an der englischsprachigen Originalfassung orientiert, die in der Zeitschrift Cephalalgia veröffentlicht worden ist. In dieser Einleitung sollen die wichtigsten Aspekte, die bei dieser Übersetzung eine Rolle gespielt haben, skizziert werden.
In der deutschen Fassung der Kopfschmerzklassifikation ist in größtmöglicher Übereinstimmung mit dem englischsprachigen Originaltext erarbeitet worden. Bei einigen Begriffen wurde auf deutsche Umschreibungen zurückgegriffen, die besser als eine wörtliche Übersetzung des englischsprachigen Begriffs in der Lage sind, das entsprechende Kopfschmerzsyndrom zu bezeichnen. An manchen Stellen wurde dagegen die englischsprachige Originalbezeichnung beibehalten (insbesondere bei Akronymen), da sich keine adäquate deutschsprachige Übersetzung finden ließ. Im Aufbau wurde keine Änderung im Vergleich zur Originalversion vorgenommen.
Das grundsätzliche Ziel der Klassifikation ist es, diagnostische Bezeichnungen und explizite Kriterien zur Verfügung zu stellen, mit denen international verbindlich eindeutige Diagnosen formuliert werden können und mit denen die Kopfschmerzforschung möglichst einheitliche Untersuchungsgruppen rekrutieren kann. Gerade Letzteres bedeutet, dass im Konfliktfall der Spezifität einer Diagnose mehr Gewicht verliehen worden ist als der Sensitivität. Die Systematik der Diagnosen folgt auch weiterhin der Semiologie der Kopfschmerzen, d.h. sie ist phänomenologisch und nicht ätiologisch orientiert. Auch die deutschsprachige Übersetzung hat diesen Grundprinzipien der Klassifikation Rechnung getragen. Dies macht eine sorgfältige Formulierung der Kriterien umso wichtiger, da die Diagnosestellung entscheidend von den Angaben der Patienten und nicht von objektivierbaren Untersuchungsergebnissen abhängt. An einigen Stellen fordert die Klassifikation jedoch apparative Zusatzdiagnostik (bei primären Kopfschmerzen zum Ausschluss anderer Ursachen, bei sekundären Kopfschmerzen zum Nachweis der Erkrankung, auf die die Kopfschmerzen zurückgeführt werden können).
Wie auch in der ersten Fassung teilt die überarbeitete Klassifikation in primäre und sekundäre Kopfschmerzformen ein. Die sprachliche Unterteilung in idiopathische und symptomatische Kopfschmerzen wurde aufgegeben zugunsten einer konsequenten Verwendung der Bezeichnungen primär versus sekundär. Dem ist in der deutschsprachigen Übersetzung gefolgt worden. Die sekundären Kopfschmerzen werden in der englischsprachigen Version als „attributed to“ bezeichnet; dies löst die Formulierung „associated with“ ab. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass eine pathophysiologische Beziehung zwischen dem Kopfschmerz und der zugrundeliegenden Erkrankung, Störung oder Bedingung vorliegen muss. Der Zusammenhang muss also über eine einfache Assoziation (z.B. rein zeitlicher Natur) hinausgehen. In der deutschsprachigen Fassung wird dies durch den Begriff „zurückzuführen auf“ zum Ausdruck gebracht. Damit ist gemeint, dass eine direktionale Beziehung zwischen Kopfschmerzsymptom und zugrundeliegender Erkrankung, Störung oder Bedingung vorliegen muss. Bei den meisten sekundären Kopfschmerzen ist die ursächliche Verknüpfung zwischen einer durch die klinischen oder durch die weiterführenden Untersuchungsergebnisse fassbaren Erkrankung und den bestehenden Kopfschmerzen ausreichend gut nachgewiesen. Die Übersetzer und die herausgebenden Fachgesellschaften sind sich darüber im Klaren, dass die Formulierung ?zurückzuführen auf“ im klinischen Alltag umständlich und manchmal wenig praktikabel ist. Formulierungen wie „aufgrund“ oder „bedingt durch“, die im klinischen Alltag verwendet werden mögen, sind aber weniger geeignet, die Intention des englischsprachigen Originaltextes wiederzugeben.
In der Strukturierung der einzelnen Kapitel wurden als neue Gruppe die Kopfschmerzen eingeführt, die auf eine psychiatrische Störung zurückzuführen sind. Die Definition der psychiatrischen Störung folgt dabei dem DSMIV und nicht dem sonst in Deutschland üblichen ICD10. Die Gesichtsneuralgien und zentralen Ursachen von Kopfschmerzen sind in einen eigenständigen dritten Abschnitt übernommen worden und nicht mehr Teil der sekundären bzw. symptomatischen Kopfschmerzen. Außerdem wurde neu ein Anhang formuliert, in dem zum einen Kopfschmerzdiagnosen übernommen worden sind, die zwar in der ersten Fassung der Klassifikation verzeichnet waren, für deren Entität es aber nicht genügend wissenschaftliche Belege gibt. Zum anderen finden sich darin Kopfschmerzdiagnosen, für die es noch nicht genügend wissenschaftliche Evidenz gibt, die aber möglicherweise in einer zukünftigen Klassifikation zu berücksichtigen sind. Außerdem werden alternative diagnostische Kriterien vorgestellt, die vor allem für Forschungszwecke gedacht sind.
Die IHS stellt das Copyright der Übersetzung ihren jeweiligen nationalen Mitgliedsgesellschaften zur Verfügung. Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) hat dies für Deutschland übernommen. In Absprache mit der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft und der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft wurde eine einheitliche Übersetzung angefertigt, die im gesamten deutschsprachigen Raum verwendet werden soll. Das Copyright für die einzelnen Länder liegt somit bei den jeweiligen nationalen Fachgesellschaften. Es ist zu hoffen, dass die anderen medizinischen Fachgesellschaften sich an dieser Übersetzung orientieren werden. Nicht zuletzt dafür ist eine Synopsis mit dem ICD10 ebenfalls Bestandteil der Klassifikation.
Die vollständige Übersetzung der englischsprachigen Originalversion erfolgte durch Dr. Katja Heinze-Kuhn und Dr. Axel Heinze aus der Schmerzklinik Kiel und Leitung von Prof. Dr. H. Göbel, der auch Mitglied des Klassifikationskomitees der IHS ist. Die Hintergründe verschiedener Formulierungen, deren Zielrichtung und die Konsensbildung während der insgesamt vierjährigen Arbeit des Klassifikationskomitees konnten dadurch bei der deutschen Übersetzung zusätzlich berücksichtigt werden. Diese immense Arbeitsleistung hat erst die deutschsprachige Veröffentlichung unmittelbar nach der englischsprachigen Erstpublikation ermöglicht.
Von der DMKG wurde PD Dr. Dr. S. Evers beauftragt, die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen für eine endgültige Publikation zu schaffen. Der abschließende Text der Übersetzung ist in den zuständigen Gremien der Fachgesellschaften zirkuliert und von diesen akzeptiert worden.
In der Einleitung zur englischsprachigen Version wird vielen Menschen, die zum Gelingen der neuen Klassifikation beigetragen haben, Dankt gesagt. Diesem Dank können sich die Bearbeiter der deutschsprachigen Version nur anschließen. Zusätzlich seien hier aber auch diejenigen Personen genannt, die zur Publikation der deutschsprachigen Übersetzung beigetragen haben. Hierzu gehören Prof. Dr. D. Soyka, der als ehemaliger Präsident der DMKG, als Ehrenpräsident der IHS und als Herausgeber der Nervenheilkunde dem Projekt seine volle Unterstützung gegeben hat. Der Schattauer-Verlag, namentlich Frau S. Friedel, hat das Projekt sehr kooperativ begleitet und eine Publikation innerhalb kürzester Zeit möglich gemacht.
Stefan Evers
Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster
Hartmut Göbel
Neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerzklinik Kiel